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Müller-Thurgau, Roter

1978 entdeckte Christoph Süßle aus Merdingen in einer Müller-Thurgau Anlage einen Stock, der an einem Trieb zwei rote Trauben hatte. Diese waren vermutlich durch eine Mutation entstanden. Der Trieb mit den roten Trauben wurde als Bogrebe angeschnitten. Die Edelreisaugen dieses Mutterstocks wurden veredelt und daraus entstanden 20 Pfropfreben. Die Reben wurden 1982 bis 1998 beobachtet und bonitiert. In dieser Zeit wurden keine Rückmutationen festgestellt. Seit 2005 werden nun Versuchsanlagen für die Sortenprüfung und Erfassung der Leistungsdaten mit getrenntem Weinausbau aufgebaut.

2013 kam er zur Gründung der Züchtergemeinschaft Roter Müller-Thurgau, die die Sorte züchterisch bearbeitet. Ein Jahr später folgt der Antrag beim Bundessortenamt auf Erteilung der Sortenschutzes und der Sortenzulassung. So unterzogen sich 2014 alle Stöcke einer Vermehrungsanlage einem Virustest. Weiter wurde die Vermehrung dieser getesteten Stöcke auf virusgetestete Unterlagen veredelt.

Die Nachkommen des Mutterstocks wurden in verschiedenen Anlagen mit nur geringer Stockzahl gepflanzt. In den Anfangsjahren konnte deshalb keine exakte Erfassung der Leistungsdaten erfolgen. Bei den visuellen Beobachtungen konnte aber immer festgestellt werden, dass der Rote Müller-Thurgau augenscheinlich die gleichen Erträge brachte wie der weiße. Eindeutig aber zeigten die Trauben des Roten Müller-Thurgaus immer weniger Fäulnis.

 

VIVC24686 MUELLER THURGAU ROT Mature leaf 19891
Foto: Ursula Brühl, Julius Kühn-Institut (JKI) Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof - 76833 Siebeldingen - GERMANY
 

Die Sorte benötigt tiefgründige, mittelschweren bis schweren Böden mit guter Wasserversorgung. Böden mit geringer Wasserspeicherfähigkeit und nährstoffarme Böden sind nicht geeignet. Tiefe, eingeschlossene Lagen sind ungeeignet. Ist aber für späte Lagen geeignet. Der Ertrag ist hoch und regelmäßig wie bei ‘Müller-Thurgau’. Der Zuckergehalt der Beeren ist mittel, mit geringer bis mittelhohem Säuregehalt.

  • Die Knospen treiben im Frühjahr mittelfrüh aus.

  • Die Triebspitze ist hellgrün, leicht flaumig mit rötlichem Anflug und vollständig offen.
  • Der Triebwuchs ist stark.
  • Das Blatt ist mittelgroß bis groß, blasig, tief gebuchtet mit verdrehten Mittellappen, stark spitz gezähnt, fünflappig und die Oberfläche leicht blasig
  • Die Blüte früh bis mittel mit geringer Verrieselungsneigung.
  • Die Trauben sind groß und lockerbeerig.
  • Die ovalen Beeren sind rosa gefärbt, besitzen eine harte Schale und das Fruchtfleisch hat einen leicht muskatartigem Geschmack.

Nach den bisherigen Untersuchungen ähnelt der Wein dem weißen Bruder. Die Sorte bringt milde Weine mit leicht muskatartigem Duft und Geschmack. Sie sind harmonisch und fruchtig. Der Wein reift sehr früh. Wegen des geringen Säuregehaltes altern die Weine rasch.

 

Erfassung der Leistungsdaten

Erst 2014 wurden die Daten in zwei Exaktversuchen erfasst. In der Abbildung 1 sind die Leistungsdaten des Versuchs 1 dargestellt, wobei beim weißen Müller-Thurgau drei verschiedenen Klone als Vergleich dienen.

Dabei ist zu beachten, dass die Stöcke des Roten Müller-Thurgaus durch die Bodenunterschiede etwas schwächer gewachsen sind, was sich letztendlich auf die Ertragsleistung auswirkte. Allerdings konnte die Lese durch die geringere Traubenfäulnis eine Woche später erfolgen. Theoretisch wäre auch eine noch spätere Lese möglich gewesen.

In einem weiteren Versuch am Standort Merdingen sind die Ergebnisse 2014 erfasst worden. Hier ist zu beachten, dass aus technischen Gründen kein späterer Lesezeitpunkt für den Roten Müller-Thurgau gewählt werden konnte. Da die Trauben jedoch auch in diesem Jahr weniger Fäulnis zeigten, wäre eine spätere Lese durchaus möglich gewesen (siehe Abbildung 2)

Folie2

Untersuchung: Botrytisanfälligkeit und Kirschessigfliege

Wie bereits erwähnt wurde in den bisherigen Prüfjahren beim Roten Müller-Thurgau bedeutend weniger Botrytisbefall beobachtet.

Im Jahr 2014 wurde der Fäulnisbefall aus dem Versuch 1 exakt bonitiert. Dabei dienten drei im Anbau etablierte Klone des Weißen Müller-Thurgaus als Vergleich. Je Klon haben wir durchschnittlich 650 Trauben bonitiert.

Es ist ersichtlich, dass der Rote Müller-Thurgau eindeutig weniger Botrytisbefall aufwies. Wir führen dies auf eine etwas kräftigere Beerenschale zurück, die auch beim Blindverkosten der Beeren immer wieder festgestellt wurde.

Bei den Botrytisbonituren wurde auch auf den Befall der Kirschessigfliege geachtet. Wir konnten dabei keine ersichtlichen Unterschiede zum weißen Müller-Thurgau finden. Allerdings muss festgehalten werden, dass im ganzen Bestand zum Boniturtermin kaum Kirschessigfliegen vorhanden waren.

 

Getrennter Weinausbau und Verkostungsergebnisse

In einigen Jahren wurden teilweise Trauben des Roten Müller-Thurgaus im Vergleich zum weißen Müller-Thurgau im Badischen Winzerkeller getrennt ausgebaut. Die Verkostungen brachten keine Unterschiede bei den beiden Sorten. Um die Weinqualität weiter beurteilen zu können werden die Weine des Jahrgangs 2014 dankenswerterweise wieder im Badischen Winzerkeller in Breisach getrennt ausgebaut.

Zukunftschancen des Roten Müllers

In weiteren Versuchen wird die Sorte Roter Müller-Thurgau auch in anderen Weinbaugebieten geprüft. Wir gehen davon aus, dass die Erträge und die Mostgewichte sich kaum vom weißen Müller-Thurgau unterscheiden. Ein großer Vorteil liegt in der geringeren Botrytisanfälligkeit. Die Traubenqualität kann daher – je nach Vegetationsverlauf und Standort – höher ausfallen als die des weißen Müller-Thurgaus. Sie ist der Hauptgrund, warum die Züchtergemeinschaft die Sorte weiter bearbeiten möchte. Die geringere Fäulnisanfälligkeit biete dem Winzer den großen Vorteil, dass er seine Müller-Thurgau Lesetermine besser einteilen kann, da der Rote Müller-Thurgau später geerntet werden kann. Der Wein könnte ebenso für viele Betriebe eine Bereicherung des Sortiments bedeuten, wie z.B. Roter Gutedel oder Roter Riesling.

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