Quelle: Starkenburger Echo, 20.6.2017
Von Fritz Kuhn
NACHRUF Der frühere Vorsitzende des Weinbauverbands Bergstraße und Vorstand der Genossenschaft stirbt mit 87 Jahren
HEPPENHEIM - „Müssen muss ich nicht, aber ich will“, sagte Vincenz Antes, als ihm zum 80. Geburtstag die Frage gestellt wurde, warum er noch täglich in den Wingerten anzutreffen sei. „Die Arbeit ist mein Lebenselixier und erhält mir meine Gesundheit“, fügte er hinzu. Antes‘ Hoffnung, sich noch viele weitere Jahre dem Weinbau widmen zu können, wurde durchkreuzt, als er an Diabetes erkrankte und sich Anzeichen einer Demenz bemerkbar machten. Bis dahin liebevoll zu Hause umsorgt, war vor einem Jahr sein Umzug ins „Haus Johannes“ nicht mehr zu umgehen. In dem Seniorenheim schloss Vincenz Antes am Sonntag kurz vor Vollendung seines 88. Geburtstags, den er am 24. Juli hätte begehen können, für immer die Augen.
Der Verstorbene hinterlässt Ehefrau Ria, geborene Weil, zwei Söhne sowie sechs Enkelkinder. Dass sein berufliches und ehrenamtliches Erbe von den Nachkommen weitergeführt wird, erfüllte Antes mit Stolz. Einerseits eine Persönlichkeit, deren Rat bis ins hohe Alter gefragt war, machte er vor über 20 Jahren Platz für die jüngere Generation und übergab ein gut bestelltes Feld. Im Beinamen „Bergsträßer Weinpapst“, über den er sich köstlich amüsierte, klang immer Wertschätzung mit.
Stationen seines Aufstiegs: Volksschule, Gymnasium, Winzerlehre beim Großvater, 1948 Praktikum am Kaiserstuhl, Studium in Geisenheim, 1951 erste Arbeitsstelle im Rebmuttergarten; danach Wechsel zum Weltunternehmen Boehringer Ingelheim, das ihn für Versuchsreihen in allen deutschen Anbaugebieten einsetzte. 1953 kehrte Antes zurück in seine Heimatstadt, gründete einen Weinbau- und Rebenveredelungsbetrieb, trat als Referent in Erscheinung. Das Klein-Klein im Anbaugebiet müsse beendet und stattdessen das Gemeinsame stärker betont werden, so sein Credo, das er über Jahrzehnte in der Doppelfunktion als Vorsitzender der Winzer eG und des Weinbauverbandes predigte.
Dass der „junge Studierte“ anfangs Widerspruch hervorrief, lag auf der Hand, brachte ihn aber nicht vom Kurs ab. Er organisierte Lehrfahrten, machte sich stark für eine Sortenumstellung hin zum sträflich vernachlässigten Riesling. Antes führte reblausresistente Pfropfreben ein und stellte sich an die Spitze jener aus Winzern gebildeten Selbsthilfegruppe, die mit ihrer eigenen Hände Arbeit bestehende Weinbergwege befestigte und neue baute.
Der Winzer eG trat Vincenz Antes 1954 bei. Zwei Jahre später wurde er in den Aufsichtsrat und 1959 in den Vorstand gewählt, den er von 1961 bis 1995 führte. Antes brachte in dieser Zeit den Neubau an der Darmstädter Straße und mehrere Erweiterungen in Gang, modernisierte die Technik und schuf mit der ersten Bergsträßer Vinothek den Vorläufer des jetzigen Viniversum, das in der Ägide seines Sohnes und Nachfolgers Reinhard Antes entstand.
Genauso große Verdienste erworben hat sich der Verstorbene auch um den Weinbauverband, dem er über 40 Jahre lang vorstand, sowie als Reformer des Weinmarktes, der in wenigen Tagen zum 65. Mal gefeiert wird. Aus den Auszeichnungen, die Vincenz Antes als Wegbereiter neuer Entwicklungen entgegennahm, ragen das Bundesverdienstkreuz, der städtische Ehrenring, die goldene Ehrenplakette des Landes Hessen sowie der Ehrenvorsitz bei der Winzer eG und beim Weinbauverband hervor.
Vincenz Antes wird am Donnerstag, 22. Juni, um 14 Uhr auf dem Friedhof in Heppenheim zu Grabe getragen.
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